Dienstag, 11. Mai 2010

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern


  • Tag: 11
  • Etappe: Halle - Bad Sulza
  • Tagesdistanz: 95,80 km
  • Höhendifferenz: 54 Meter (Höhe von 92 Meter bis 146 Meter)
  • Gesamtanstieg: 450 Meter
  • Gesamtabstieg: 400 Meter
  • Kalorienverbrauch: 1185 kcal

Nach rund 800 Kilometern auf der Straße waren wir wohl alle platt. Und so verbrachte ich die Nacht in Halle und den nächsten Tag im wesentlichen über der Kloschüssel. Der hilfsbereite Haustechniker des Hotels hatte das Rad zu diesen beiden netten Jungs gebracht, die die lose Kurbel wieder fixten und alles wieder schön gängig machten. Die Cleats waren schrott, was erklärte, warum ich seit Tagen nicht mehr vernünftig aus den Pedalen kam und sogar meine Pulsuhr hatte den Geist bzw. ihre Batterie aufgegeben.


Die kleine Zwangspause hatte uns allen gut getan. So startete ich recht relaxt in den Tag, ging noch schnell zum Uhrmacher, was mir eine kleine private Stadtführung einbrachte, als ich eine nette Dame nach dem Weg fragte. Halle ist wirklich nicht so zum Kotzen, wie es gestern erschien. ;-) Man sollte da noch mal in Ruhe und unverdorben hin.

Trotzdem: Ich hatte die Belastung für mich und mein Material etwas unterschätzt. Deshalb hatte ich mir für heute ein neues Vorbild ausgesucht:




Was ich natürlich schnell vergaß, denn der Saaleradweg war wirklich angenehm zu fahren. Es rollte so richtig gut und der Anstieg war zwar stetig, aber sehr dezent. Ein bisschen sumpfig war es, so dass wir schon mal schön im Schlamm badeten.




Die Landschaft veränderte sich nach und nach. Die ersten Weinberge von Saale-Unstrut zeigten, dass ich mich der Toskana des Ostens näherte und eindeutig waren wir im Burgenland.








Tja, alles hätte so schön sein können. Bis Martin per Sms nachfragte, wie es denn heute laufen würde. Und ich, als hätte ich schon eine böse Vorahnung, schrieb: "Super Tag. Wenn kein böser Berg kommt, bin ich in einer Stunde im Hotel ." Es dauerte keine zwei Minuten und der Weg ging steil bergauf. Wisst ihr, warum es Radwandern heißt? Weil Strecken wie diese, steil und absolut uneben, einfach nicht mehr befahrbar sind.


Und ich wanderte den Berg hinauf, rund 30 Kilo hinter mir her schleppend. Frechheit, einem solchen Weg auch noch so einen Namen zugeben.





Warum nur treibt mir das Wort "Rennsteig" gerade den Angstschweiß auf die Stirn? Immerhin: Der Ausblick stimmte und eine Burg aus der Nähe gab es oben auch.



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Immerhin waren sie so nett, die Abfahrt hübsch zu teeren, so dass wenigstens das ein Vergnügen war. Dumm nur, dass ich unten angekommen vor einer Straßensperre stand. Wie mir eine freundliche Einheimische erklärte, verläuft die Umleitung Richtung Bad Sulza ganz oben bei der Burg.

Sollte der Tag weniger als 15 Kilometer vorm Tagesziel noch so eine schlimme Wende nehmen?





Nein, ich hatte noch Hoffnung. Ein alter Mann kannte eine Abkürzung: Einfach raus aus dem Dorf und links in den Feldweg einbiegen. Als ich dann aber Kniehoch im Weizen stand, das Rad durch die Traktorspuren zerrend, schwante mir, dass ich wohl den falschen Weg genommen hatte.


Ich glaube, ich brauchte eine halbe Stunde, um das Feld wieder zu räumen, bevor mich der Bauer erschießen würde. Der Rückweg war mir nämlich versperrt. Zwei wilde Bestien hatten mich auf dem Hinweg schon fast gefrühstückt . Müssen die alle ihre Hunde auf irgendwelchen einsamen Grundstücken zurücklassen? Und zum Trost kriegen die dann einen Euro und dürfen sich ein Eis holen gehen? Ja, sind die denn alle deppert?



Ich begrüße daher ja grundsätzlich solche Verbotsschilder.



Die Häufchen im Vorgarten würde ich ihnen allerdings erlauben. Schließlich muss ich ja auch ständig hinter dem nächsten Busch verschwinden. Wenn ich etwas gelernt habe in den letzten Tagen: Man muss die Büsche nehmen, wie sie kommen. Denn niemals ist absehbar, wann die nächste Bundesstraße kommt und da sieht es meist aus wie oberhalb der Baumgrenze. Ich mag es ja, wenn mir nette Autofahrer freundlich zuwinken, aber in dieser Situation...

Irgendwann erreichte ich dann trotzdem Bad Sulza. Schlamm verkrustet und von oben bis unten mit Dreck bespritzt. Der Matsch saß so tief zwischen den Schutzblechen fest, dass die Reifen nicht mehr drehten und ich mit einem Stock das Schlimmste raus kratzen musste.




So fuhr ich dann vor der Toskana-Therme vor, wo ich den Rest des Tages im warmen Wasser und in der Sauna entspannte. Darüber, dass ich gerade "Rennsteig Medium" trinke, denke ich besser nicht nach.


3 Kommentare:

  1. Ab jetzt wird Deutschland hügelig. Mal sehen, ob Günni von nun an nebenherlaufen muß, zwecks Reduzierung des Gesamtgewichtes.
    Wenigstens schieben die 18 kg bergab schön an.

    Also: Rollen lassen..., rollen lassen... :-)

    Ach, ich vergaß: Morgen nicht mit den anderen Radfahrern mittrinken, sonst ist dir wieder schlecht ;-)
    Viel Spaß im Bergtrikot (Passt das eigentlich zum Gesamtoutfit??).

    Thorsten

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  2. Anita + Markus12. Mai 2010 um 22:12

    Liebe Kerstin. Gebirgige Grüße aus Vorarlberg! Wir lesen mit Genuß deinen Blogg und schwelgen in Erinnerungen als uns der Matsch an den Sohlen klebte beim Versuch Spanien zu durchwaten.Keep on rolling oder lass rücha (gib Gas):-). Wir freuen uns jetzt schon dich kennenzulernen. Alles Liebe.

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  3. Liebe Kerstin,

    schön, dass Du wieder unterwegs bist! Lass es vorsichtig angehen, ja?

    Eine liebe Umarmung von
    Carmen

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Ich freue mich über eure Kommentare. Bitte habt Verständnis dafür, dass ich, um Spam zu vermeiden, diese vor ihrer Veröffentlichung überprüfen werde. Wenn die Tagesdistanz nicht allzu lang geworden ist, sollte das im Laufe eines Tages geschehen. Vielen Dank für eure Geduld.