•Etappe: Kappeln - Laboe
•Tagesdistanz: 93,65 km
•Höhendifferenz: 61 Meter (Höhe von -4 Meter bis 57 Meter)
•Gesamtanstieg: 320 Meter
•Gesamtabstieg: 337 Meter
•Kalorienverbrauch: 2493
Mein Wort zum Sonntag* lautet: Moin Moin. Das schallte mir den ganzen Tag von freundlich winkenden Radfahrern entgegen. Wer hat bloß diese ganzen Radler rausgelassen? Und noch wichtiger: Wo hatten sie sich gestern versteckt? Könnte an der Sonne liegen, die mich bereits am Morgen aus dem Schaf geweckt hat. Beim Blick aus dem Fenster erwartete mich im verwunschenen Park vorm Hotel wahre Sommerstimmung, so dass ich glücklich die kurze Radhose auspacken konnte.
Ihr könnt euch vorstellen, wie ein Modeopfer wie ich leidet, wenn sie mit zwei Radhosen und drei Trikots sechs Wochen überbrücken muss. Ziehe ich heute diese oder diese Hose an? Und oben rosa oder rosa? Mehr Entscheidungsspielraum gibt es nicht. Da machen selbst kleinste Nuancen im Styling schon gewaltig Spaß.
18 Grad, Sonnenschein und deutlich weniger Wind scheinen aber nicht nur ein probates Mittel bei Eintönigkeit im Kleiderschrank zu sein, sondern sind auch äußert wirkungsvoll gegen Isolationshaft. Heute fühlte ich mich so gar nicht allein. Was zum einen an den vielen netten realen Begegnungen lag und zum anderen an den kleinen Zeichen, die ihr überall am Wegesrand für mich versteckt hattet.
Als ich am frühen Morgen, noch ohne Menschen und Autos weit und breit, an diesem Feld vorbeiradelte, raschelte es auf einmal laut und einen Meter neben mir hüpfte wie Kai aus der Kiste ein Reh aus dem Raps. Das Krafttier meines Zwillings Buki, die ich die nächsten Kilometer in meinem Kopf und meinem Herzen mitgenommen habe.
Natürlich habe ich versucht, das Reh zum Fototermin zu bitten. Leider vergeblich und ich habe es natürlich auch wieder auf Tirolerisch versucht. Wenn ihr aber ganz genau schaut, könnt ihr in der oberen linken Ecke seine gespitzten Öhrchen blitzen sehen.
Und so ging das immer weiter. Als ich dieses Gefährt im nächsten Dorf entdeckte, dachte ich an Katrin, Caro und Thomas.
Bis ich dann durch Schuby kam und meine Patentante Gerda virtuell auf meiner Lenkerstange Platz nahm. Was haben wir uns immer gefreut, wenn wir auf unserem Weg in den Urlaub den Namen dieser Abfahrt auf der Autobahn sahen: Es war der Spitzname ihres Arbeitskollegen und als Kinder fanden wir das unglaublich witzig.
Ich war also heute in guter Begleitung, so konnte ich es auch verkraften, dass mein Teamkamerad auf der Tour de Tirol beinahe durchgebrannt wäre. Denn dieser Ort hier hatte es Günni unheimlich angetan.
Vielleicht plagt ihn aber auch nur die Eifersucht, denn mein Rad und ich werden immer mehr zum Team.
Als ich mit ihm die erste Testfahrt machte, war es wie immer zum Anfang einer neuen Beziehung: Man ist euphorisch, aber alles fühlt sich irgendwie noch fremd und etwas holprig an und es dauert, bis man Vertrauen zueinander aufbaut. Okay, Martin, bevor ich wieder einen Kommentar kassiere: Meist ist das so, am Anfang einer neuen Beziehung. ;-) Inzwischen kommen wir bestens klar, das Rad und ich. Es soll Abfahrten geben, bei denen ich kaum bremse und wenn das zufriedene Schnurren seiner Gänge in ein leicht genervtes Knatschen übergeht, weiß ich, dass ich mal wieder unmögliche Gänge fahre. Ich fürchte, wenn wir in Tirol ankommen, wird es an meinem Hintern festgewachsen sein.
Und zur Feier des Tages haben wir uns am Abend eine romantische Bootsfahrt über die Kieler Förde gegönnt. An dieses Lied http://www.youtube.com/watch?v=uM8h0Uv1pG0 musste ich dabei denken und an eine, die hier jetzt leider nicht mehr mitlesen kann.
Nach 93,2 Kilometern, von denen höchstens fünf der Fähre zu verdanken sind, war ich dann endlich hier angekommen: im Ostseebad Laboe. Sand, Strandkörbe, Ferienstimmung -darauf habe ich mich seit Tagen gefreut.
Um noch mal aufs Moin Moin zurückzukommen: Ich habe da mal bei www.plattmaster.de nachgeschaut.
"Wat meent "Moin Moin"?Platt ist lustig, auch wenn es mich nicht zum Rasten motivieren konnte.
Wenn du mol in uns plattdüütsch Rebeet ween büstm
denn hess de Oort to greuten al heurt. Obers, wat meent dat? Wo kümmt dat vun
af?
Toierst denks villiecht an "goden Morgen". Un waraftig, to Morgen seggt
wi ok af un an kort "Morn" un "Moin".
Obers "Moin Moin" kanns den heelen Dag
seggen. Ok in de Nacht. Dat kümmt dorvun, wo dat vun afkümmt. Dat kümmt vun
"mooi" = scheun, good. Dat is dat sülbige Wort op Platt as in`t Hollandsche un
Flaamsche. Bi de Ostfreesen, to`n Bispill, seegt se "mooin" faak. In`n Norden
seggt wi öfter "scheun" un "schön".
Denn ich will bald eine Heimkehrerin sein.
Heimkehren nach Tirol? Mal sehen, wie sich das anfühlen wird. Auf jeden Fall freue ich mich auf mein Ziel. Und bis dahin genieße ich noch eine Weile den Weg. Und dachte heute beim Anblick dieser Plattenbauten, ich hätte mich nach Berlin verirrt.
Gott sei Dank, war es dann aber doch nur Damp. ;-)
*Für alle, die sich wundern, warum ich das Wort zum Sonntag am Montag schreibe: Ich habe mich entschieden, immer einen Tag später zu posten. Ich bestimme nämlich ganz gern selbst, wer mich begleiten darf, und möchte keine unerwünschten "Fans" an der Strecke treffen. Wer also besucht werden möchte, muss immer ca. 100 Kilometer voraus denken. ;-)
Wunderbar, liebste Rehtrefferin, ich denke fast ununterbrochen an dich.
AntwortenLöschenIch liebe deinen Blog. Es ist so schön daran teilhaben zu dürfen.
Kuss Kuss
Liebe Kerstin, ich möchte nun auch was hinterlassen - ich finde es bemerkenswert, wie du das alles durchziehst! Einfach toll! Wer hätte das vor einem halben Jahr gedacht....
AntwortenLöschenUnd wegen mir darfst du gern tirolerisch schreiben - wir in Bayern verstehen das ganz gut ;-)
Servus, Tina
Liebe Kerstin,
AntwortenLöschenso schön, Deine Texte und Fotos! Es ist ein wahrer Genuss, jeden Abend erstmal Deinen Blog aufzuschlagen. Danke!
Und jetzt kriegste erstmal die volle Ladung Anschub-Puste für morgen.
Schön weiterstrampeln,
Carmen
Liebe Kerstin,
AntwortenLöschenheute hat es den ganzen Tag geregnet hier in Berlin. Immer wenn ich mit dem Rad unterwegs war, bin ich pitsch nass geworden. Nicht wirklich Urlaubstimmung! Da mußte ich natürlich auch an Dich denken: arme Kerstin? Kerstin hats gut?
Auf jeden Fall wünsche ich Dir viele viele sonnige Stunden auf dem Rad!
Dicke Umarmung Katja
P.S.: Dein blog ist schon zum abendlichen Ritual geworden. Das ist schön.
Liebe Kerstin,
AntwortenLöschenich sehe mit Schrecken zum Himmel und denke, welch ein Glück, dass du noch nicht im Ländle bist! ;-)
Vielen Dank für die schönen Fotos und die 'bunten' Berichte. Heute habe ich am meisten über deinen Fastausreißer Günni gelacht.
Für heute gute Nacht und Morgen eine gute Fahrt, mit vielen positiven Erlebnissen!
Moni
Liebe Kerstin,
AntwortenLöschenauch ich schaue immer gerne in deine Blog und erfreue mich an deinen Berichten.
Wenn ich daran denke wie es dir noch vor einem halben Jahr gegangen ist.
Ich wünsche dir weiterhin so eine schöne Reise und freue mich auf deine Berichte.
Ganz lieben Gruss
Teresa
Liebe Kerstin,
AntwortenLöschenschön, auf diese Weise wieder etwas an deinem Leben teilhaben zu können. Wie ich aus deinem Blog-Intro schließe, hast du keine einfache Zeit hinter dir - etwas, das ich, wenn auch mit anderem Hintergrund, im letzen Jahr selbst erlebt habe und wovon ich mich gerade ganz langsam erhole.
Es macht Mut zu lesen, dass du das Ruder rumgerissen hast und zu neuen Wegen aufbrichst. Viel Erfolg dabei und auf deiner Reise viel Rückenwind und viele gute Erfahrungen und Begegnungen, die dir die nötige Kraft für all das geben, was die Zukunft bringen wird.
Lieben Gruß, Sandra