•Etappe: Laboe - Haffkrug
•Tagesdistanz: 79,9 km
•Höhendifferenz: 78 Meter (Höhe von -7 Meter bis 72 Meter)
•Gesamtanstieg: 382 Meter
•Gesamtabstieg: 399 Meter
•Kalorienverbrauch: 1902
Eigentlich habe ich mein Navi wirklich gern. Es gibt mir das Urvertrauen, irgendwie immer anzukommen. Auch wenn ich inzwischen nach einer lustigen Mischung aus Karte, Beschilderung und den Garmin-Daten fahre. Aber obwohl Auto-Navigationssysteme immer so hübsche zarte Frauenstimmen haben, ist meines der totale Macho. Es fängt schon damit an, dass es eben NICHT mit mir spricht. Kein Wort. Aber womit es mich wirklich in den Wahnsinn treibt, ist seine Besserwisserei. Weiche ich unterwegs von der zuvor am PC geplanten Route ab, gibt es einfach nicht nach. Unspontanes Miststück. Mindestens die nächsten zehn Minuten versucht es, mich auf den verrücktesten Kurvenfahrten heimlich wieder zum ursprünglich vorgesehenen Zwischenziel zu lotsen. Erst wenn ich alle diese Täuschungsmanöver erfolgreich abgewehrt habe, gibt es sich geschlagen und berechnet die Route neu.
Von daher muss mich heute morgen der Teufel geritten haben, als ich beim Anblick des grauen Tages spontan beschloss, mich meinem Garmin auszuliefern. Und wer war Schuld daran? Meine Freundin Jutta. ;-)
Die weilt nämlich gerade in Haffkrug. Leider nur noch diesen einen Tag. Beim Anblick meiner Routenpläne war mir klar, dass das so nicht zu schaffen wäre. Und so beschloss ich, heute nicht über Kalifornien und Brasilien zu fahren. Kann ja schließlich nicht alle Ortsschilder Schleswig-Holsteins ablichten, nur weil die Dörfer hier so ulkige Namen haben. Ich entschied mich für die direkte Route. Allerdings ohne auch nur ansatzweise zu ahnen, dass das einem Selbstmordkommando gleich kommen würde.
Statt Stallgeruch hatte ich heute Benzin in der Nase. So manches Mal fragte ich mich, ob ich wohl zufällig auf die Autobahn geraten bin? Und bei jedem LKW, der an mir vorbei donnerte, dachte ich daran zurück, wie ich mich noch vor zwei Tagen bei euch über ein paar kleine Windboen beschwerte. Lächerlich. Einfach nur lächerlich.
Gott sei Dank, und diesen Herren kann man hier heute gar nicht oft genug erwähnen, habe ich wohl eine Gabe von ihm erhalten: Ich beherrsche das Überleben in freier Wildbahn zwischen Zehntonnern und arroganten Kieler Porschefahrern. Und glaubt mir, an die 70 Stundenkilometer halten die sich nicht.
Ab und an gab es aber auch ein paar idyllische Plätze. Zum Beispiel hier am Selenter See, wo ich auf dem Steg meine 30 Kilometer-Eiweiss-Pause machte. Vater unser, unseren täglichen Riegel gib uns heute...;-)
Schrieb ich nicht neulich noch vom Beginn meiner großen Freiheit? Wie naiv von mir. Disziplin ist inzwischen mein treuester Begleiter auf dieser Tour. Wenn ich mich nicht zwinge, alle zehn Kilometer zu trinken, bei Kilometer 30 eben diesen Riegel zu knabbern und bei Kilometer 50 Mittagspause zu machen, würde ich das nicht durchstehen. Hunger geht nämlich gegen Null, Kalorienverbrauch ins Unendliche.
Heute war das besonders wichtig, denn die holsteinische Schweiz trägt diesen Namen nicht umsonst. Die Anstiege waren weniger steil, aber dafür ausdauernd. Ganz im Gegensatz zu meinen Beinen, die doch schon spüren, was sie so geleistet haben. Und so radelte ich an vielen Seen vorbei und bewunderte die alten Landgüter, die sich hier auffällig häufen und bestimmt den Kieler Porschefahrern gehören.
Im Regen erreichte ich am späten Nachmittag die Ostsee. Die bunten Häuser am Strand von Sierksdorf brachten noch mal richtig Farbe ins Spiel und angekommen in Haffkrug rauschte das Meer endlich mal so, wie es sich gehört. Wer Wellen sehen will, darf eben keine wasserscheue Memme sein.
Und zum Schluss gibt es noch einen kleinen Haushaltstipp für euch: Habt ihr ein Fliegenproblem und kein Insektenspray im Haus, bittet eure Freundin, ihr heiß geliebtes Lipgloss aufzutragen und mit ca. 30 Stundenkilometern durch die Wohnung zu rennen. Wirkt mindestens so gut wie diese Klebestreifen, wie ich heute bei einigen Abfahrten erfolgreich testen konnte.
PS: Noch etwas zu den Tücken der Technik im Allgemeinen und des Garmins im Besonderen: Ulf hat mir ein eigenes Programm geschrieben, das meine Daten sichert und diese wunderhübsche Karte zaubert, die ihr rechts sehen könnt. Toll, oder? Ich glaube, damit wird er reich und berühmt. Am Höhenprofil arbeiten wir noch, aber wenn ihr auf den Gpsies-Link clickt, könnt ihr es dort schon bewundern. Und bitte: mehr Mitleid. ;-)
Hallo Kerstin,
AntwortenLöschenich freue mich schon den ganzen Tag wieder einen Teil Deiner spannenden Reise mitzuerleben. Finde es echt toll wie Du Deine Erlebnisse so hautnah rüber bringst. Da können wir daheimgelassenen zumindest etwas mitfühlen und mitfiebern :-). Wünsche Dir noch einen ganz schönen Abend - gute Erholung - und morgen vor allem besseres Wetter ;-).
Tja - und einen schlauen Spruch habe ich auch noch gefunden.
Als dem Philosophen Sokrates berichtet wurde, dass einer seiner eifrigsten Schüler,
der aus einem sehr reichen Hause stammte,
von einer längeren Reise nur wenig erholt zurückgekehrt sei,
sagte Sokrates:
"Das wundert mich nicht -
der Mensch hat sich selber auf
seine Reise mitgenommen!"
Sokrates verlangte die Loslösung nicht nur vom Ort,
sondern auch von der eigenen Persönlichkeit für die Dauer einer Reise.
Sokrates (470 v.Chr.)
In diesem Sinne - freue mich schon auf Morgen um wieder ein spannende Episode Deiner Reise zu lesen.
LG
Hardy
Hallo Du,
AntwortenLöschenHabe großen Spaß daran, deine Route zu verfolgen und klicke mich oft rein um zu schauen was es neues gibt!
Liebe deine pinken Trikots. Einfach <3
Die Strandkörbe machen Lust auf Sommer...heute hab ich im Baumarkt in so einem großen Muschel-Strandkorb gelegen. Traumhaft...leider rief das Kinderzimmer das tapeziert werden wollte lauter und die Menschen im Baumarkt wollten mich nicht drin schlafen lassen. Aber schön war es.
Gut Radl Dir weiterhin & ein Kuss für Dich und eine äh...Gurke oder..Karotte für Günni (wer weiss was er so futtert?)
Sarah
Liebe Kerstin,
AntwortenLöschenauch uns kannst du zu deinen treuen Fans zählen, wir freuen uns täglich auf die ganz besondere Abendlektüre.
Mitleid kann ich für dich nur empfinden, wenn ich an die schrecklichen Riegel denke, die du essen 'musst'. Das ist im Moment das Einzige was mich vor so einer Radltour abhalten könnte, abgesehen von der Streckenlänge...
Halt weiter durch, viel Spass und viel Rückenwind!
Grüsse aus der Schweiz
Elke (und Alex)
Hey Kerstin,
AntwortenLöschenwie sieht es Morgen mit einem Abstecher nach Lübeck aus, in einen ganz bestimmten Laden? Da gibt es deutlich bessere Riegel! ;-)
Herzliche Grüße!
Moni
Liebe Kerstin, es ist ein Genuss am hier zu lesen und ich ziehe meinen Hut vor dir. Mitleid? Nein! Du wolltest es ja so ;-), und ich denke du wirst diese Zeit nie vergessen.
AntwortenLöschenDoch ein bisschen Mitleid bekommst du für Benzin und LKW.
Das ist mir als Hummelfahrerin auch vertraut, wenn auch nicht in so einer Dröhnung wie auf dem Fahrrad.
Vor Ulf habe ich allergrößten Respekt. Einfach toll wie er dich begleitet mit seinem unendlichen Wissen in allen Lebenslagen.
Sierksdorf und Haffkrug kenne ich auch und finde es schön dich dort zu wissen.
Go Kerstin Go!
Hug u
Liebe Kerstin,
AntwortenLöscheno.k., dann gibt's wenigstens von mir richtiges, richtiges Mitleid: Du Arme musst jeden Tag strampeln und strampeln, Bestien verfolgen Dich, das Essen ist gruselig gesund, wobei nicht mal Appetit vorhanden ist. Ich nehm Dich mal tröstend in die Arme, gebe Dir einen fetten Schubs für morgen und finde, dass Du Dich für all die Anstrengung einfach toll liest. *kuss*
Öhm, das mit dem "reich und berühmt" befürworte ich total, wobei ersteres reichen würde. ;-)
Schönes Weiterradeln,
Carmen
Liebe Kerstin, deine Berichte sind für mich der ideale Start in den Tag :)
AntwortenLöschenIch, die ich damals schon den Weg von zuhaus zum Steinhuder Meer überwältigend fand, bin begeistert von deinem Elan.
Weiter so! Trotz trockenem Muesliriegel. Und den LKWs zeig den Finger und freu dich, dass es keine Roadtrains sind
http://iconglobe.net/blog/wp-content/uploads/2006/02/long%20road%20trainsB.jpg
Grüss mir die Küste!
Astrid