Freitag, 30. April 2010

Prolog: Thank you for travelling with Deutsche Bahn

  • Tag: 0
  • Tageskilometer: 0
  • Kalorienverbrauch: eher mässig ;-)

Wer mich kennt, weiß, dass ich keine halben Sachen mache. Wenn es schon eine "Tour de Tirol" sein soll, dann muss sie auch ganz oben im Norden an der dänischen Grenze starten. Ganz simpel in Berlin aufs Rad steigen und Richtung Süden radeln - das kommt für kleine Perfektionisten leider nicht in Frage. Daher hat der liebe Gott vor den Fahradspaß also das Bahnfahren gesetzt: ein Prolog und laut der Vermutung meines Bruders vermutlich "eine der härtesten Etappen." Wir alle wissen, dass die Bahn großes Potential hat, einem den Spaß am Reisen zu verderben. Und wenn man dann noch ein schwer beladenes Rad dabei hat, ist das kein sonderlich großes Vergnügen.

Aber: Es gibt immer wieder Wunder. Ein reizender Zugbegleiter ebnete mir den Weg, trug brav meine 18 Kilo Gepäck in den Wagon, so dass ich mich ganz auf das mathematisch-technische Problem konzentrieren konnte, wie ein Rad durchs Nadelöhr IC-Tür passt. Danke, mein Herr, wenn die Bahn pleite machen sollte, können Sie problemlos als Stewardess bei der Lufthansa anfangen.



Apropos Hilfsbereitschaft: Kerstin hat jetzt Ulf. Er wird meinen Blog von seiner Homebase technisch begleiten und mir helfen, wenn ich mal wieder nicht verstehe, wo jetzt die ganzen hübschen Tracks von meinem Garmin hin verschwunden sind. Denn ihr sollt ja jeden Tag sehen können, in welchen Wäldern und auf welchen Landstraßen ich mich rumgetrieben habe. Eine solche Unterstützung ist sehr beruhigend und echter Luxus: Danke, Ulf. Ich bin sehr froh, dich an meiner Seite zu wissen.

Ich habe das untrügliche Gefühl, dass ich auf dieser Reise noch auf viele helfende Hände treffen werde. Auch eine Lernaufgabe für mich, denn ich bin nicht gerade die Größte darin, Unterstützung anzunehmen. Aber wer allein unterwegs ist, sollte offen sein für Begegnungen.

Aber: Ganz allein bin ich nicht. Ihr seid alle mit dabei. Vielen Dank für die vielen Mails und SMS, die ich von euch momentan bekomme. Ich freue mich sehr über eure Reaktionen. Ich werde versuchen, allen zu antworten, aber bitte habt Geduld mit mir. Ab und an muss ich auch mal radeln. Nutzt auch gern die Kommentarfunktion hier. Das ist für mich schneller zu bearbeiten und so haben auch alle etwas davon.

Noch einer ist übrigens an meiner Seite: Günni. Ja, ich bin schon ein großes Mädchen und ja, er wiegt 400 Gramm. Aber gestern wurde mir dann doch klar, dass ich ein Stückchen Heimat in der Tasche brauche.




So. Nun bin ich also in Flensburg. Willkommen in der nördlichsten Stadt Deutschlands. Endlich sehe ich wieder das Meer. Ich spüre den Wind und rieche das Wasser.




Flensburg hat schöne alte Speicher.



Und entzückende Innenhöfe.



Hier ist der Beweis, dass es sich wirklich um Südskandinavien handelt. Die sprechen sogar Dänisch hier.




Tilbud. Sonderangebot. Zusammen mit Udsalg, dem Ausverkauf, Kindheitserinnerung pur. Das stand in jedem Schaufenster, wenn wir früher unsere Sommerferien in Dänemark verbracht haben. Warum eigentlich? Dänemark ist ja nicht wirklich ein Schnäppchenmarkt.

Aber bei allem Hang zu Nordisch by Nature: Die Flensburger sind tirolophil. Oder warum liegen solche Fanartikel in den örtlichen Regionalzügen rum?



Vom Apresski träumen sie offenbar auch. Tirol ist eben überall. Es könnte aber auch nur an meinem rosaroten Blick liegen.



Und es gab noch eine Hommage an die guten alten Zeiten: dänischen Joghurt. Mhmmm, so lecker. Den haben wir immer am Strand gegessen und meine Mutter hat den Rest jedes Mal sorgfältig aus der Tüte geleckt. Das hätte sie zu Hause nie getan. Freiheit irgendwie.



Morgen startet meine große Freiheit. Morgen geht es endlich los. Die Spannung steigt.

Donnerstag, 1. April 2010

Kein Aprilscherz: Ich nehme die Herausforderung an


Mit dem Rad von Flensburg nach Tirol. Erst vorgestern war es, als mir beim Laufen in der Sonne am Kanal zum ersten Mal diese Idee durch den Kopf spukte. Hinter mir liegt ein schwieriges Jahr. Vor mir liegen ein paar Wochen ohne Job, die ich für mich nutzen möchte. Etwas Besonderes soll es sein. Erinnerungen möchte ich speichern, die mich mein Leben lang bereichern werden. Ich möchte wieder zu mir finden, die Augen öffnen und die Welt und ihre Bilder in mich aufsaugen. Wieder offen sein für Begegnungen. Sport machen und meinen Körper spüren. Meiner Seele Raum und Zeit im Alleinsein geben, aber Anlaufpunkte haben, wenn ich Sehnsucht nach Menschen bekomme. Was kann es da besser geben als eine lange Radtour einmal quer durch Deutschland?

Vor ein paar Tagen noch wollte ich ganz weit weg. Orang-Utans in Borneo hüten, den Kilimanjaro besteigen oder wenigstens den Jakobs-Weg erwandern. Und nun werden es also rund 3000 Kilometer auf dem Rad. Am Ende wird mich in Imst in Tirol hoffentlich der Mann erwarten, der mir vor ein paar Tagen ordentlich den Kopf verdreht hat. Auch das ein Aufbruch zu neuen Ufern. Das wird mir Motivation sein, wenn der Wind zu stark, die Berge zu hoch und die Landstraßen zu einsam erscheinen.

Gestern habe ich es den ersten Freunden erzählt. Und je mehr ich darüber spreche, desto klarer werde ich in meinem Kopf. Die grobe Route habe ich bereits im Internet entdeckt: www.brigitte.de/reise/brigitte-touren/radtouren/brigitte-radtour-ueberblick-534500/
Am Ende werde ich die Route bis ins Nachbarland verlängern, dazwischen immer mal ein paar Schlenker einbauen, um Freunde und Familie zu besuchen.
Und meinen Tourbegleiter habe ich heute wohl auch schon entdeckt. Sportlich ist er und doch verlässlich: www.stevensbikes.de/2010/index.php?bik_id=126&lang=de_DE
Ich glaube, ich habe mich ein bißchen in dieses Rad verliebt. Nach einer Odysee durch die diversen Radläden unserer Hauptstadt, war ich gerade etwas verzweifelt ob all der Inkompetenz und des Desinteresses der Verkäufer, als ich hier: http://www.ostrad.de/ auf den Richtigen traf. Rennradprofi war er mal und seine Augen glänzen mit meinen um die Wette, als ich ihm von meiner Idee erzähle. Er wird aus diesem Rad meinen perfekten Begleiter machen. Samstag werde ich Probe fahren. Denn die Zeit rast: Am 1. Mai will ich an der dänisch-deutschen Grenze starten und zuvor muss das Rad natürlich auch noch eingefahren werden.

In meinem Bauch kribbelt es, wenn ich an meine Reise denke. Ich freue mich auf diese Tour.